Adipositas (Übergewicht)
Einleitung
Übergewicht gehört heute zu den häufigsten Ursachen körperlichen und seelischen Leidens in der westlichen Welt.
Symptome
- Gewicht oberhalb der Normgrenze von BMI 25 (für Kinder und Jugendliche gelten andere Grenzwerte, bitte Arzt fragen).
- Bei starkem Übergewicht resp. Fettleibigkeit können körperliche Beschwerden wie Gelenkschmerzen, Herzbeschwerden, Atemschwierigkeiten oder Gallensteine auftreten.
- Oft gestörtes Essverhalten mit Essanfällen, bei denen in kurzer Zeit grosse Mengen von Nahrung zu sich genommen werden, mit dem Gefühl von Kontrollverlust (Binge-Eating-Störung).
Auslösende Faktoren
Es ist wichtig, zwischen auslösenden Faktoren, Risikofaktoren und Hintergrundkonstellationen zu unterscheiden.
Als auslösende Faktoren gelten Diäten, die häufig bereits in der Kindheit durch Fachleute und Eltern empfohlen wurden, und/oder psychische Belastungssituationen.
Risikofaktoren
- Genetische Prädisposition
- Mangelnde Selbstsicherheit
- Wenig tragendes, überforderndes Umfeld
- Anforderungen der Massenmedien und des Zeitgeistes (unnatürlich schlankes Schönheitsideal)
Das Übergewicht wird einerseits durch eine genetische Prädisposition bedingt, andererseits durch Fehlverhalten bezüglich Nahrungsaufnahme und mangelnde körperliche Bewegung verstärkt. In seltenen Fällen ist die Übergewichtigkeit einer körperlichen Krankheit zuzuordnen oder Teil einer vererbten Auffälligkeit.
Hintergrundkonstellationen
Psychische Belastungen und Verletzungen kommen oft als Hintergrundkonstellation hinzu und verstärken das Fehlverhalten beim Essen in seiner Wirkung noch zusätzlich. Das Fehlverhalten kommt teilweise durch mangelndes Wissen über gesunde Ernährung und über ausreichende körperliche Bewegung zustande. Häufiger jedoch ist dieses Wissen zwar vorhanden, kann jedoch aufgrund von psychischen, biologischen und sozialen Faktoren nicht umgesetzt werden.
Wenn Menschen, deren körpereigenes Gewicht im oberen Normbereich liegen würde (z. B. BMI 24-26) versuchen, durch Beschränkung der Nahrungsaufnahme ein ihrem Körper nicht entsprechendes, tiefes Körpergewicht zu erreichen, kommt es zu Störungen des Hunger- und Sättigungsmechanismus. Diese Störungen sind oft so nachhaltig, dass dadurch im Verlauf des Lebens das genetisch fixierte leichte Übergewicht zu einem massiven Übergewicht anwächst.
Behandlung
Die gängige Behandlung stützt sich heute auf 3 Pfeiler:
- Diätetische Anweisungen (Ernährungsberatung). Eine kurzfristige Gewichtsabnahme sollte vermieden werden, da sie meist zu einer längerfristigen Gewichtszunahme über den Ausgangswert hinaus führt. Empfohlen ist eine durchschnittliche Gewichtsabnahme von 0.5 kg / Woche (Ausgangsgewicht < 100 kg) resp. von 1 kg / Woche (Ausgangsgewicht > 100 kg). Bei Kindern und Jugendlichen im Wachstum ist bereits das Verhindern eines weiteren Gewichtsanstiegs ein erster Erfolg.
- Anleitung zur Steigerung der körperlichen Aktivität im Alltag (z. B. Treppen steigen anstatt den Lift zu nehmen) und in der Freizeit (Sport, Physiotherapie). Dabei wird eine Bewegungssteigerung auf mind. 5 x 30 min / Woche empfohlen (z. B. Gehen, Schwimmen, Tanzen).
- Allgemeinärztliche Behandlung der gesundheitlichen Komplikationen
Diese drei Faktoren sind zentral für die Behandlung des Übergewichts. Die grösste Schwierigkeit liegt darin, die in den Behandlungsansätzen vermittelten Verhaltensregeln längerfristig umsetzen und einhalten zu können. Eine kurzfristige Gewichtsabnahme ist mit der heute gängigen Behandlung oft möglich, führt jedoch in 90 % der Fälle zu längerfristiger Gewichtszunahme, meist über den Ausgangswert hinaus. Nur 10 % der Übergewichtigen können ihr Gewicht dauerhaft (2 Jahre und länger) um 5-10 % oder mehr reduzieren. Wir nehmen diese Diskrepanz zwischen dem Willen der Betroffenen zur Gewichtsabnahme, dem Wissen über gesunde Ernährung und dem ausgeübten Verhalten ernst. Freunde, speziell geschulte Ärzte und psychologisch speziell geschulte Fachkräfte (oft auch Psychotherapeuten) sollten in diese Erkenntnis sowie in den gesamten Prozess mit einbezogen werden. Bei Zeichen von Depression sollte auch eine Psychotherapie in Erwägung gezogen werden.
Langzeitverlauf
Beim Umgang mit Übergewicht ist die Langzeitperspektive zentral. Kurzfristig (innerhalb von 3 Monaten) kann das Gewicht oft drastisch reduziert werden. Längerfristig (Verlauf über mindestens 2 Jahre) steigt jedoch das Gewicht in 90 % der Fälle über das Ausgangsgewicht hinaus an. Kann eine Gewichtsreduktion von 5-10 % des Ausgangsgewichts auch 2 Jahre nach Beginn der Gewichtsabnahme stabil gehalten werden, ist dies ein Erfolg. Rund 10 % aller in Behandlung stehenden Übergewichtigen erreichen eine solch dauerhafte Gewichtsreduktion.
Bei Kindern und Jugendlichen im Wachstum ist bereits das Verhindern einer weiteren Gewichtszunahme ein Erfolg.
Begleiterkrankungen (Komorbidität)
Begleiterkrankungen sind Erkrankungen, die häufig zusammen mit einer bestimmten anderen Erkrankung auftreten.
- Psychische Begleiterkrankungen:
- Depressionen
- Suchterkrankungen
- Posttraumatische Belastungsstörungen
- Essstörungen
- Persönlichkeitsstörungen
- Körperliche Begleiterkrankungen
- Diabetes
- Nierensteine
- Herzerkrankungen
- Gelenkerkrankungen
- Atembeschwerden
Die Begleiterkrankungen müssen behandelt werden.